Sehr geehrte Frau Westphal,
ich verfolge seit Wochen die Entwicklung in Ägypten und bin erschüttert über die Sprachlosigkeit der Deutschen und Europäischen Politik zu den nie gesehenen Chancen für eine Demokratisierung dort und in der gesamten Region. Mir stellen sich Fragen, die ich nun an Sie wie an andere Politiker weitergebe:
In Ägypten tut sich eine Fenster in der Geschichte auf, wie es seit 1989 in der DDR keines gegeben hat. In einem islamischen Land demonstrieren Männer und Frauen, Muslime und Christen gemeinsam für die Freiheit! Soll das verpasst werden? Wie kann künftig noch Reden über Demokratie, Menschen- und Bürgerrechte halten, wer heute schweigt oder -schlimmer noch- das ägyptische Regime als "wichtig" und "stabilisierend" bezeichnet? Wie stehen Sie zur Situation dort? Welche Perspektiven sehen Sie?
Das Europäische Parlament kann hier klar Position beziehen. Es findet doch sonst viele Gründe für Sondersitzungen, Ausschüsse und Appelle -warum schweigt es zur Forderung des ägyptischen Volkes nach einer echten Repräsentanz, nach wirklicher politischer Beteiligung? Wie wollen Sie sich hier einsetzen?
Parlament und Abgeordnete kontrollieren die Komission - so sagen es die europäischen Verträge, so sieht es die politische Theorie guter Demokratie vor. Die EU hat eine Vielzahl von Beziehungen zu Ägypten und unterstützt das Land auf vielfältige Weise. Hat das EP hier einen Überblick? Haben Sie sich das als Abgeordnete schon gefragt? Wie sehen Sie die Zukunft all dieser Kooperationen mit einem Regime, dessen Fehlverhalten nun offener zutage tritt als je zuvor? Möchten Sie nicht über Anfragen und Fragestunden, Anträge und Diskussionen mehr Transparenz in die Lage bringen?
Wovor haben Sie Angst? Hic Rhodos ...!
Meine weiteren Wahleintscheidungen werden sicher von Ihren und Ihrer Kolleginen und Kollegen Antworten bestimmt werden.