Sehr geehrter Herr ,
im Zeitraum von 2008 bis 2010 hatte sich die politische Lage unter Einsatz der OSZE in Weißrussland so entwickelt, dass es Demokratisierungsschritte gab. Dafür wurde Weißrussland in die Östliche Partnerschaft der EU (ÖP) aufgenommen. Insofern finde ich den Ansatz, im Rahmen der ÖP auch Polizei zu zivilisieren, nicht von vornherein kritikwürdig. Ab 2010 muss man allerdings darüber nachdenken, wie politisch ignorant das Innenministerium gehandelt hat, indem die Zusammenarbeit einfach weitergeführt wurde. Damals sollte wirklich jeder Zeitungsleser mitbekommen haben, dass am 19. Dezember 2010 Lukaschenko Demonstranten niederknüppeln und beinah die gesamte politische Opposition inhaftieren ließ. Danach wurden Schauprozesse geführt. Das hat sich noch dramatischer zugespitzt mit der Verfolgung von zwei jungen Männern, denen ein Sprengstoffattentat zur Last gelegt wurde und die in einem skandalösen Verfahren innerhalb kürzester zum Tode verurteilt und hingerichtet wurden. Gegen all das hat es internationalen Protest gegeben. Natürlich auch in Deutschland. Unter anderem mehrere Bundestagsdebatten. Scheinbar hat das Innenministerium seine Ohren ganz fest zugesperrt und getan, als ob es nicht Teil dieser internationalen Politik wäre.
Ich habe bereits im Juni versucht durch parlamentarische Fragen diesem Komplex nachzugehen und bin dabei mit lapidaren Antworten abgefertigt worden. Im September haben meine FraktionskollegInnen und ich mit einer Kleine Anfrage nachgelegt.
Leider weigert sich das Bundesinnenministerium noch immer, einen umfassenden Einblick in die Kooperation mit dem weißrussischen Sicherheitsapparat zu geben. Im Umgang mit dem autoritär-diktatorischen Regime wäre Skepsis angebracht gewesen, doch dafür mangelt es offensichtlich an politischer Sensibilität und Klugheit.
Das zeigt sich auch beim Problem der Visa-Erteilungen. Obwohl das Parlament mehrfach seinem Willen Ausdruck verliehen hat, weißrussischen Bürgerinnen und Bürgern jede erdenkliche Erleichterung des Reisens zu gewähren, agieren die Konsulate - oft aus Angst vor dem Durchgriff des Bundesinnenministeriums - immer noch restriktiv. Das Vertrauen, das dem weißrussischen Sicherheitsapparat entgegengebracht wurde, muss anderen gelten: den Antragsstellerinnen und Antragstellern, die in unsere offene Gesellschaft reisen wollen.
Mit freundlichen Grüßen
Marieluise Beck
Meine Kleine Anfrage zur Poilzeihilfe für Weißrussland vom 05. September können Sie hier nachlesen:
dip21.bundestag.de