Sehr geehrter Herr Leutert,
ich wende mich an Sie wegen der anstehenden parlamentarischen Abstimmung zum Vertragsentwurf des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM).
Auf abgeordneten-check.de ist zu ersehen, dass an Sie bereits 30 Anfragen diesbezügliche gerichtet wurden, die Sie im Gegensatz zu anderen Abgeordneten unbeantwortet gelassen haben.
Der Vertragsentwurf weckt bei mir folgende Bedenken hinsichtlich seiner demokratischen Legitimation:
Gemäß Art. 8 Abs. 4 verpflichten sich die ESM-Mitglieder, bedingungslos und unwiderruflich, ihre Einlage auf das Grundkapital (700 Milliarden €) zu leisten. Dem Wortlaut nach sind damit auch zukünftige Regierungen gebunden. Nach Art. 10 Abs. 1 kann der Gouverneursrat Änderungen des Grundkapitals, d.h. auch Aufstockungen, beschliessen.
Darüberhinaus ist der ESM gem. Art. 17 Abs. 1 ermächtigt, zur Erfüllung seiner Aufgaben auf den Kapitalmärkten Kredite von Banken, Finanzinstituten oder sonstigen Personen oder Einrichtungen aufzunehmen. Eine parlamentarische Kontrolle dieser Kreditaufnahmen ist nicht vorgesehen.
Die Kontrolle des Organs wird durch Art. 25 geregelt "Die Prüfung der Rechnungsführung des ESM erfolgt durch unabhängige externe Prüfer, die vom Gouverneursrat bestätigt werden." D.h. der zu Prüfende wählt seine Prüfer selbst aus.
Durch die Immunitätsklauseln der Art. 27 und 30 sind die Mitglieder des Gouverneursrats sowie seine Direktoren der parlamentarischen und gerichtlichen Kontrolle gänzlich entzogen.
Der Vertragsentwurf beschränkt in der vorliegenden Form die Budgethoheit des Bundestages wesentlich.
Ich bitte Sie daher Ihre Entscheidung bei der für den 23.09. geplanten Abstimmung wohl abzuwägen. Sie stehen in Ihrer Fraktion nicht allein, wenn Sie sich dagegen aussprechen.
Ihrer öffentlichen Antwort sehe ich mit Interesse entgegen.
Mit freundlichen Grüßen